Die AIRBAG-Regel
Mit der Einführung des Airbags und der serienmäßigen Verwendung ab dem Jahr 1981 setzte Mercedes-Benz einen großen Schritt in Richtung Sicherheit im Auto. Während zunächst nur Frontairbags auf der Fahrerseite verwendet wurden, kamen mit der Zeit immer mehr Airbags dazu. In modernen Autos finden wir mitunter mehr als 10 verschiedene Airbag-Varianten. Das schützt die Insassen des Autos, doch bei einem Unfall können nicht-ausgelöste Airbags zur echten Gefahr für Rettungskräfte werden. Daher haben Jörg Heck und Hubert Springer 2001 die sogenannte AIRBAG-Regel entworfen. Diese dient als Leitfaden für Feuerwehr und Rettungsdienste, wenn diese Insassen aus einem verunfallten Fahrzeug retten.
Wofür benötigt man die AIRBAG-Regel?
Die Statistiken zu Airbags sind eindeutig. Mit der Einführung des Sicherheitssystems ging die Zahl der Verkehrstoten und starken Verletzungen drastisch zurück. Airbags sind also ohne Zweifel ein Schritt in die richtige Richtung. Doch Airbags kommen nicht ohne Eigenrisiko. Schließlich basiert der Aufblasmechnismus auf einer Sprengladung, welche sich im Falle eines Aufpralls entzündet. Diese Sprengladung wird vom Airbag-Steuergerät aus gezündet, sobald diese über Sensoren das Signal eines Aufpralls erhält. Wenn ein Auto in einen Unfall verwickelt ist, kann es allerdings auch vorkommen, dass nur einige Airbags auslösen, da die Einschlagstelle einseitig ist.
Nach einem Unfall können Rettungskräfte allerdings nicht mehr von der Funktionstüchtigkeit des Airbagsystems ausgehen. Es kann also sein, dass ausgelöste Airbags nun spontan auslösen oder durch den Einsatz von Bergungswerkzeug ausgelöst werden. In solchen Fällen werden Airbags zur bedrohlichen Gefahr für Feuerwehrkräfte und andere Rettungsdienste. Da sie keinerlei Informationen über den Status des Airbagsystems haben können, müssen Feuerwehrkräfte immer vom Schlimmsten ausgehen, um auf alles vorbereitet zu sein.
Wofür steht AIRBAG?
Als praktische Merkhilfe zum Umgang mit nicht-ausgelösten Airbags haben Jörg Heck und Hubert Springer eine gleichnamigen Leitfaden erstellt, nach dem Feuerwehrkräfte agieren sollen, wenn bei einem Unfall nicht alle Airbags auslösen. Es ist wichtig, dass dieser Leitfaden auch in der entsprechenden Reihenfolge eingehalten wird, um die Sicherheit der Feuerwehrkräfte und Insassen zu gewährleisten.
A – Abstand halten
Noch bevor die eigentlichen Arbeiten am Fahrzeug stattfinden, ist es entscheidend, den Abstand von nicht-ausgelösten Airbags zu halten. Der Wirkbereich des Airbags wird hier schnell zur gefährlichen Gefahrenquelle, weshalb in der Praxis mit der 30-60-90-Regel gearbeitet wird. Feuerwehrkräfte sollten daher zu jeder Zeit einen einen entsprechenden Abstand zu den folgenden Airbags einhalten:
- 30 cm bei Seiten-, Kopf- und Knieairbags,
- 60 cm beim Fahrerairbag und
- 90 cm beim Beifahrerairbag
I – Innenraum erkunden
Im zweiten Schritt gilt es, den Innenraum auf potentielle Gefahren zu untersuchen. Hierbei sollten sich Feuerwehrkräfte einen Überblick verschaffen, welche Airbags ausgelöst wurden. Darüber hinaus sollte sich der Truppführer ebenfalls darüber informieren, ob andere Objekte als potentielle Geschosse dienen könnten, wenn ein Airbag auslösen sollte. Beispiele hierfür sind Glasflaschen oder Handtaschen. Diese Gegenstände können zur Gefahr für Insassen und Rettungskräfte werden.
R – Rettungskräfte warnen
Bei einem Verkehrsunfall treffen verschiedene Rettungskräfte aufeinander. Neben der Feuerwehr sind häufig auch Polizei und Sanitäter vor Ort. Diese sind im Umgang mit nicht-ausgelösten Airbags weniger geschult und können durch unüberlegtes Eingreifen ebenfalls zur Gefahr werden. Daher ist es die Aufgabe des Truppführers, andere Rettungskräfte über die Situation aufzuklären. Daher sollten sie in den ersten Schritten der Bergung Abstand halten und der Feuerwehr etwas Platz zum Arbeiten verschaffen. Darüber hinaus sollten Mobiltelefone und Handsprechfunkgeräte ebenfalls von der Gefahrenstelle entfernt werden, da diese für ein Auslösen des Airbags sorgen können.
B – Batteriemanagement
In einem modernen Auto werden zahlreiche Prozesse und Geräte von der Batterie versorgt. Hierunter fallen auch das Airbag-Steuergerät und die Airbags selbst. Bei einem Unfall kann die Batterie beschädigt werden und kann nun fehlerhaft funktionieren. Das könnte zu einem ungewollten Auslösen der Airbags führen. Um dies zu verhindern, klemmen die Rettungskräfte die Batterie ab. Um sicherzustellen, dass sämtlicher Strom ausgeschaltet ist, aktivieren die Rettungskräfte zunächst die Warnblinkanlage. Diese ist so geschaltet, dass sie aus sämtlichen Batterien und Stromquellen Energie ziehen kann. Wenn die Rettungskräfte also also Batterien erfolgreich abgeklemmt haben, müsste die Warnblinkanlage ausgehen. Erst dann ist der Airbag wirkungslos.
A – Abnehmen der Innenverkleidung
Im nächsten Schritt gilt es, die Positionen der einzelnen Airbags genauer zu lokalisieren. Diese sind rundum das Auto an A-, B- und C-Säule verteilt. Um die Gaskartuschen und Hybridgeneratoren zu erkennen, wird hierfür die Verkleidung entfernt. In diesem Schritt ist es besonders wichtig, präzise zu arbeiten. Denn sollten beim Entfernen der Verkleidung die Bauteile selbst beschädigt werden, kann es auch hier zu einem unkontrollierten Auslösen der Airbag skommen.
G – Gefahr an den Komponenten
Nicht jeder Airbag ist gleich aufgebaut. Je nach Art und Hersteller des Airbags müssen daher verschiedene Dinge beachtet werden. Zum einen haben einige Airbags eine zweite Zündungsstufe. Das bedeutet, dass auch ein vermeintlich ausgelöster Airbag noch immer eine Gefahr darstellen kann. Darüber hinaus können ausgelöste Airbag-Generatoren Hitze entwickeln. Feuerwehrkräfte könnten sich also an den heißen Generatoren verletzen. Von den Airbags selbst geht nach dem Auslösen keine Gefahr aus. Sie können abgeschnitten und entsorgt werden.
Erst wenn all diese Schritte beachtet wurden, können die Feuerwehrkräfte mit ihrer eigentlichen Arbeit beginnen und die Insassen bergen. Wenn du mehr über Airbags erfahren möchtest oder dich für andere Themenfelder rund um die Sicherheit im Auto interessierst, dann schau dich gerne in unserer Wissensbasis um, oder nimm jederzeit Kontakt mit uns auf.